BGH: Erbbaurechtsverträge als kreditähnliches Rechtsgeschäft genehmigungspflichtig

Der Bundesgerichtshof hat in seinem ausführlichen Urteil vom 22.01.2016 - V ZR 27/14 entschieden, dass Erbbaurechtsverträge kreditähnliche Rechtsgeschäfte im Sinne der kommunalrechtlichen Vorschriften darstellen und damit der Genehmigungspflicht durch die Kommunalaufsichtsbehörde unterliegen, wenn der Vertrag eine Verpflichtung der Gemeinde begründet, einen Erbbauzins zu zahlen.

In dem entschiedenen Fall hatte die Gemeinde mit dem Grundstückseigentümer im Jahr 1974 einen Erbbaurechtsvertrag zur Errichtung einer Sportanlage geschlossen. Es wurde ein Erbbauzins vereinbart mit einer Anpassung an den Preisindex für die Lebenshaltungskosten. Im Jahr 2011 stellte die Gemeinde fest, dass der Erbbaurechtsvertrag von der Kommunalaufsichtsbehörde nicht genehmigt worden war. Sie stellte daraufhin im Januar 2012 die Zahlungen des Erbbauzinses ein. Im Mai 2012 beantragte sie bei der Kommunalaufsichtsbehörde die Genehmigung des Erbbaurechtsvertrages, die im Juli 2012 versagt wurde. Der aktuelle Grundstückseigentümer verklagte die Gemeinde daraufhin auf Zahlung des Erbbauzinses für das Jahr 2012 in Höhe von etwa 41.000 €. Das Landgericht wies die Klage ab; das Oberlandesgericht die Berufung zurück.

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil fest, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung eines Erbbauzinses oder eines anderen Entgelts für die Nutzung des Erbbaugrundstücks im Jahr 2012 zusteht. Der 1974 geschlossene Erbbaurechtsvertrag sei nach den zum damaligen Zeitpunkt geltenden Vorschriften der Niedersächsischen Gemeindeordnung genehmigungsbedürftig gewesen. Nach der entsprechenden Vorschrift bedurfte die Begründung einer kreditähnlichen Zahlungsverpflichtung der Gemeinde der Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde. Die Regelung solle verhindern, dass unter Ausnutzung der Gestaltungsmöglichkeiten des Privatrechts die kommunalrechtlichen Bestimmungen über die Kreditaufnahme umgangen werden. Eine solche Umgehung liege vor, wenn das betreffende Rechtsgeschäft bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zum gleichen Erfolg führen würde, wie die Aufnahme eines Kredits. Das sei der Fall, wenn die Gemeinde im laufenden Haushaltsjahr im Wesentlichen die volle Leistung erhält, die dafür zu erbringende Gegenleistung jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen muss. Gemessen daran sei ein Erbbaurechtsvertrag, der die Verpflichtung der Gemeinde begründet, einen Erbbauzins zu zahlen, ein kreditähnliches Rechtsgeschäft. Etwas anderes gelte, wenn ein unentgeltliches oder gegen eine einmalige Zahlung im laufenden Haushaltsjahr bestelltes Erbbaurecht begründet wird. Da es aber an einer entsprechenden kommunalaufsichtlichen Genehmigung gefehlt habe, sei der Erbbaurechtsvertrag unwirksam und der Kläger könne den Erbbauzins nicht beanspruchen.

Da alle Gemeindeordnungen bzw. Kommunalverfassungen der Bundesländer gleichlautende Bestimmungen enthalten (vgl. § 82 Abs. 5 SächsGemO), hat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht nur Relevanz für Erbbaurechtsverträge mit niedersächsischen Gemeinden.

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