BGH: Zur Haftung des Zweckverbandsvorsitzenden und des Zweckverbandes

In dritter Instanz hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 02.03.2017 – III ZR 271/15 über folgenden Sachverhalt entschieden: Der Vorsitzende eines sächsischen Schulzweckverbandes füllte den Erhebungsbogen für Schülerdaten des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen fehlerhaft aus, indem er für eine der Mitgliedsgemeinden den Schüleransatz mit 0,00 einstellte. Der Kommune entgingen daher Schlüsselzuweisungen in erheblichem Umfang. Die von unserer Kanzlei vertretene Mitgliedsgemeinde verklagte den Verbandsvorsitzenden wie auch den Schulzweckverband auf Schadensersatz. In erster Instanz war das Landgericht Leipzig zuständig. Das Landgericht bejahte eine Haftung beider Beklagten (Urteil vom 19.09.2014 – 5 O 4076/10). Beide stünden zu der Klägerin in einem Sonderrechtsverhältnis. Danach seien die Grundsätze eines öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses heranzuziehen und §§ 662 ff. BGB entsprechend anzuwenden.

Sodann hatte das Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 24.07.2015 – 1 U 1531/14 die Haftung des Schulzweckverbandes gegenüber der Gemeinde in zweiter Instanz bestätigt. Die Haftung des Verbandsvorsitzenden hatte das Dresdner Gericht allerdings verneint.

Der Bundesgerichtshof bestätigte nun das Ergebnis der zweiten Instanz. Der ehrenamtlich tätige Vorsitzende eines Schulzweckverbandes in Sachsen hafte dem Zweckverband – dessen Ansprüche waren an die klagende Kommune abgetreten – für Pflichtverletzungen nur, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen worden seien. Eine solche Haftungsbeschränkung ergibt sich nach Auffassung des Bundesgerichtshofs und auch des Oberlandesgerichts Dresden aus der analogen Anwendung des § 97 des Sächsischen Beamtengesetzes (alte Fassung). Damit haftete vorliegend der Verbandsvorsitzende nicht persönlich, denn der Bundesgerichtshof ging von nur (leicht) fahrlässigem Handeln aus. Allerdings verblieb es auch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs bei der Haftung des Zweckverbandes gegenüber der klagenden Gemeinde: Zwischen einem sächsischen Schulzweckzweckverband und seinen Mitgliedsgemeinden bestehe ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis, auf das die Regelungen über zivilrechtliche Schuldverhältnisse Anwendung fänden.

Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs beschränken sich nicht auf Schulzweckverbände. Vielmehr haben die Karlsruher Richter mit dieser Entscheidung zugleich grundlegende Fragen zur Haftung des Verbandsvorsitzenden gegenüber einem Zweckverband und des Zweckverbands gegenüber „seiner“ Mitgliedsgemeinde geklärt.

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