Bundesarbeitsgericht: PCR-Testpflicht im Arbeitsverhältnis

Die Bayerische Staatsoper hatte zur Bekämpfung der Corona-Pandemie mit Beginn der Spielzeit 2020/2021 im Rahmen eines betrieblichen Hygienekonzepts eine Teststrategie entwickelt. Alle Mitarbeiter sollten zu Beginn der Spielzeit – und dann in regelmäßigen Abständen – einen negativen PCR-Test vorlegen. Andernfalls war die Teilnahme an Proben und Aufführungen nicht erlaubt. Eine bei der Staatsoper beschäftigte Flötistin weigerte sich, einen entsprechenden Test durchzuführen, worauf der Freistaat Bayern sie freistellte und die Gehaltszahlungen stoppte. Die Flötistin klagte u.a. auf Zahlung von Arbeitsvergütung auch für die „beschäftigungslose“ Zeit unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Das Arbeitsgericht, das Landesarbeitsgericht und jetzt das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 1. Juni 2022 – 5 AZR 28/22) gaben dem Freistaat recht. Der Arbeitgeber sei nach § 618 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Arbeitsleistungen, die unter seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass die Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, als die Natur der Arbeitsleistung es gestattet. Die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) konkretisierten den Inhalt der Fürsorgepflichten, die dem Arbeitgeber hiernach im Hinblick auf die Sicherheit und das Leben der Arbeitnehmer obliegen. Zur Umsetzung arbeitsschutzrechtlicher Maßnahmen könne der Arbeitgeber Weisungen nach § 106 Satz 2 GewO hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb erteilen. Das hierbei zu beachtende billige Ermessen werde im Wesentlichen durch die Vorgaben des ArbSchG konkretisiert.

Auf dieser Grundlage hat das Bundesarbeitsgericht – unter ausführlicher Würdigung der Einzelumstände – die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Testpflicht durch die Bayerische Staatsoper bejaht.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lässt sich nicht als Freibrief für jedwede Anordnung einer aufgrund der Corona–Pandemie durch den Arbeitgeber verordneten Testpflicht verstehen. Deren Zulässigkeit wird stets an den Umständen des Einzelfalls zu messen sein. Allerdings ist nun der Rahmen für rechtskonforme Maßnahmen des Arbeitgebers vorgezeichnet.

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