Bundesarbeitsgericht: Reichweite der Kleinbetriebsklausel

Nach § 23 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes genießen Arbeitnehmer in Betrieben, in denen in der Regel nur zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind, keinen Kündigungsschutz. Die darin liegende Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern größerer und kleinerer Betriebe verstößt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht gegen den in Artikel 3 GG verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Ungleichbehandlung sei sachlich gerechtfertigt, weil Kleinbetriebe typischerweise durch enge persönliche Zusammenarbeit, geringere Finanzausstattung und einen Mangel an Verwaltungskapazität geprägt sind.

Gelegentlich führt die vermeintliche Orientierung an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei den Instanzgerichten dazu, dass bei Unternehmenseinheiten, für die die Anwendung der Kleinbetriebsklausel in Betracht käme, geprüft wird, ob jedes der oben im Einzelnen genannten drei Kriterien vorliegt. So waren auch das Arbeitsgericht Hamburg und das Landesarbeitsgericht Hamburg verfahren. Zu beurteilen war folgender Sachverhalt: Die Arbeitgeberin beschäftigte an ihrem Sitz in Leipzig mindestens acht, an ihrem Standort Hamburg sechs Arbeitnehmer. In Hamburg war ein vor Ort mitarbeitender Betriebsleiter tätig, der nach ihrem Vortrag bevollmächtigt war, dort Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen. Keinen Kontakt gab es zwischen dem Geschäftsführer des Unternehmens und dem im Anschluss an die Kündigung klagenden Arbeitnehmer. Das Landesarbeitsgericht Hamburg meinte in seiner Entscheidung vom 17.08.2007, die Kleinbetriebsklausel sei vorliegend nicht anwendbar, denn der Geschäftsführer des Arbeitgebers habe weder mit dem klagenden Arbeitnehmer zusammengearbeitet noch habe er persönliche Mitarbeit in Hamburg erbracht. Auch von einer geringen finanziellen Ausstattung und Leistungsfähigkeit könne bei dem Arbeitgeber keine Rede sein.

Dieser Auffassung ist das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 28.10.2010, Aktenzeichen: 2 AZR 392/08, entgegengetreten. Zwar sei sicherzustellen, dass aus dem Geltungsbereich des Gesetzes nicht auch Einheiten größerer Unternehmen herausfallen, auf die die typischen Merkmale des Kleinbetriebs nicht zutreffen. Dies sei wiederum nicht stets schon dann der Fall, wenn dem Betrieb auch nur eines dieser typischen Merkmale fehle. Maßgebend seien vielmehr die Umstände des Einzelfalls. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen sei es im Streitfall aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, beide Betriebsstätten auch dann als einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne anzusehen, wenn sie organisatorisch selbstständig seien. Das Arbeitsgericht hat das Verfahren zum Zwecke weiterer Feststellungen an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

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