Drittes Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts in Kraft getreten

Am 20.02.2022 ist das 3. Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts in Kraft getreten, mit dem unter anderem Vorschriften der Sächsischen Gemeindeordnung, der Sächsischen Landkreisordnung und des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit geändert wurden. Mit diesem Gesetz soll eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung sowie der Beteiligung der Bürger an kommunalpolitischen Entscheidungen erfolgen.

In § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO erhalten die Gemeinden die Möglichkeit, zur Einräumung und Ausgestaltung von Informations- und Beteiligungsrechten Bürgerbeteiligungssatzungen zu erlassen. Zukünftig hat der Gemeinderat mindestens zweimal im Jahr eine Einwohnerversammlung anzuberaumen, § 22 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO. Das Quorum für die Beantragung einer Einwohnerversammlung wird von 10 auf 5 % der Stimmberechtigten abgesenkt, § 22 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO. Ein entsprechendes Quorum gilt künftig bei der Beantragung der Durchführung eines Bürgerentscheids, § 25 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO.

Gemeinderäten, Ortschaftsräten, Stadtbezirksbeiräten und sonstigen Mitgliedern der Ausschüsse und Beiräte des Gemeinderates und Ortschaftsrates ist neben Ersatz für Auslagen und Verdienstausfall eine angemessene Aufwandsentschädigung zu gewähren, § 21 Abs. 2 SächsGemO. Die Anforderungen an ein Informationsbegehren der Gemeinderäte in § 28 Abs. 5 SächsGemO wird herabgesetzt, sodass zukünftig 1/10 der Gemeinderäte, mindestens jedoch 2 Personen, in allen Angelegenheiten der Gemeinde Informationen vom Bürgermeister erlangen können. § 35 Abs. 3 SächsGemO verpflichtet zukünftig alle Gemeinden, den Fraktionen durch Satzung Mittel für deren angemessene sächliche Mindestausstattung zu gewähren. Für die personelle Mindestausstattung der Fraktionen in Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern können, in Gemeinden über 5000 Einwohnern sollen angemessene Mittel gewährt werden.

Nach § 36a SächsGemO können in Ausnahmefällen, die durch Naturkatastrophen, aus Gründen des Infektionsschutzes oder sonstigen außergewöhnlichen Notsituationen entstehen, Sitzungen des Gemeinderates ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder im Sitzungsraum in Form einer Videokonferenz durchgeführt werden. In diesem Fall muss eine unmittelbare Übertragung an einen öffentlich zugänglichen Ort erfolgen. Außerdem ist eine solche Sitzung sieben Tage vorher der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen. Diese Möglichkeit ist nicht auf Gegenstände einfacher Art und geringer Bedeutung gemäß § 39 Abs. 1 Satz 4 SächsGemO beschränkt. Lediglich Wahlen und der Beschluss über die Haushaltssatzung dürfen nicht in einer Videokonferenz gefasst werden. Bei „normalen“ Gemeinderatssitzungen kann ebenfalls eine unmittelbare Übertragung in einen öffentlich zugänglichen Ort erfolgen, § 37 Abs. 3 SächsGemO.

Neu eingefügt wurde § 36b SächsGemO, wonach die Gemeinde auf ihrer Internetseite oder in anderer geeigneter Form Zeit, Ort und Tagesordnung der öffentlichen Sitzungen des Gemeinderates und seiner Ausschüsse sowie die der Tagesordnung beigefügten Beratungsunterlagen zu veröffentlichen hat, sobald diese den Mitgliedern des Gemeinderates zur Verfügung gestellt wurden und sofern keine berechtigten Interessen Einzelner entgegenstehen. Einer Veröffentlichung dürfte trotz des Wortlauts auch das öffentliche Wohl entgegenstehen können, weil dies sonst zu dem Ergebnis führen würde, dass die Gemeinderäte gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO Beratungsunterlagen nicht erhalten, wenn das öffentliche Wohl entgegensteht, diese Unterlagen aber dennoch gemäß § 36b SächsGemO im Internet veröffentlicht werden müssten. Die in einer solchen Sitzung gefassten oder bekannt gegebenen Beschlüsse hat die Gemeinde im Wortlaut oder in Form eines zusammenfassenden Berichts nach Bestätigung der Niederschrift auf ihrer Internetseite oder in anderer geeigneter Form zu veröffentlichen.

Die Mitglieder des Gemeinderates sind zukünftig zu Beginn der Sitzung darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung von Form oder Frist der Ladung als geheilt gilt, wenn das Gemeinderatsmitglied zur Sitzung erscheint und den Mangel nicht spätestens bei Eintritt in die Tagesordnung der Sitzung geltend macht, § 39 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SächsGemO.

§ 51 Abs. 2 SächsGemO regelt, dass Bürgermeister grundsätzlich hauptamtliche Beamte auf Zeit sind, sofern die Hauptsatzung bei Gemeinden unter 5.000 Einwohnern, die Mitglied eines Verwaltungsverbandes oder einer Verwaltungsgemeinschaft sind, nicht bestimmt, dass der Bürgermeister Ehrenbeamter auf Zeit ist. Ein Wechsel erfolgt dabei nicht während der laufenden Amtszeit, sondern erst nach deren Ablauf. Beabsichtigt der Bürgermeister einem Beschluss des Gemeinderates zu widersprechen, so hat er dies zukünftig binnen 2 Wochen nach Beschlussfassung auszusprechen. Bisher galt eine Frist von einer Woche.

Entsprechende Regelungen zur Bürgerbeteiligung, zur Aufwandsentschädigung, zu Sitzungen des Kreistages als Videokonferenz sowie zur Veröffentlichung von Informationen im Internet enthält nunmehr auch die Sächsische Landkreisordnung.

§ 56 Abs. 3 Satz 2 SächsKomZG verweist nun auf § 20 Abs. 5 SächsKomzG und ermöglicht somit die vorzeitige Abwahl des Verbandsvorsitzenden entsprechend den für die Abwahl der Beigeordneten geltenden Vorschriften der Sächsischen Gemeindeordnung (§ 56 Absatz 4 SächsGemO).

Insbesondere die Regelung zur Veröffentlichung von Informationen nach § 36b SächsGemO dürfte zukünftig noch einige Fragen aufwerfen, zumal die Gesetzesbegründung hierzu vergleichsweise knappgehalten ist. Insbesondere ist nicht klar, was der Gesetzgeber unter einer anderen geeigneten Form versteht und wie lange entsprechende Unterlagen öffentlich zugänglich zu halten sind. Die Gemeinde darf außerdem die den Gemeinderäten zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht unverändert ins Internet stellen, da in den veröffentlichten Unterlagen keine personenbezogenen Daten offenbart werden dürfen, die in den Sitzungsunterlagen für die Gemeinderäte aber oft enthalten sind. Hierdurch entsteht ein nicht Mehraufwand. Ist dieser Aufwand oder die Veränderung einer Beratungsunterlage erheblich, kann von der Veröffentlichung abgesehen werden. Hierbei ist allerdings unklar, wann von einer Erheblichkeit in diesem Sinne auszugehen ist. Dabei dürfte nicht schon jede Notwendigkeit einer Änderung genügen, da sehr viele Unterlagen personenbezogene Daten enthalten dürften.

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