Entzug eines Doktorgrades bei Vorlage eines nur formal richtigen Führungszeugnisses

In einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 28.01.2014 – 2 A 315/12 hatte das Sächsische Oberverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit des Entzugs des akademischen Grades „Dr.-Ing.“ wegen der Vorlage eines formal richtigen, inhaltlich aber unzutreffenden Führungszeugnisses im Promotionszulassungsverfahren zu entscheiden. Es lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger beantragte am 12.03.2008 bei der beklagten Universität die Eröffnung eines Promotionsverfahrens. Dabei legte er ein Führungszeugnis vom 04.01.2008 vor, das keine Eintragung auswies. Tatsächlich war der Kläger am 11.04.2006 wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Der Rechtskraftvermerk wurde am 18.12.2007 angebracht. Die Mitteilung gegenüber dem Bundesamt für Justiz erfolgte allerdings erst am 18.01.2008. Nachdem das Promotionsverfahren am 31.03.2008 eröffnet wurde, wandte sich die Beklagte aufgrund einer anonymen Anzeige an den Kläger mit der Bitte um Stellungnahme zu dem Vorwurf, gegen ihn werde wegen sexueller Nötigung strafrechtlich ermittelt. Der Kläger teilte daraufhin mit, dass ihm strafrechtliche Ermittlungen aktuell nicht bekannt seien. Dem Kläger wurde am 30.04.2008 der akademische Grad „Dr.-Ingenieur (Dr.-Ing.)“ verliehen. Der Universität wurde danach die rechtskräftige Verurteilung des Klägers bekannt. Sie entzog dem Kläger daraufhin den Doktorgrad wegen Täuschung über wesentliche Zulassungsvoraussetzungen.

Die gegen den Entzug des Doktortitels erhobene Klage hatte das Verwaltungsgericht Chemnitz abgewiesen. Die Berufung wies das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 28.01.2014 zurück. Die Gerichte gingen davon aus, dass der Kläger den ihm verliehenen Grad durch Täuschung über wesentliche Zulassungsvoraussetzungen erworben hatte. Die Regelung in der Promotionsordnung, die die Vorlage des Führungszeugnisses vorsehe, beschränke sich nicht auf die Vorlage der Urkunde. Sie enthalte darüber hinaus die Verpflichtung des Antragstellers, Vorstrafen offen zu legen. Dies sei für den Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen. Angesichts der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten habe er nicht davon ausgehen dürfen, dass diese Vorstrafe nicht in ein Führungszeugnis aufgenommen würde und ihn deshalb keine Offenbarungspflicht treffe. Die Täuschung habe ursächlich zur Vergabe des Doktorgrades geführt. Sinn und Zweck der Regelung über den Entzug eines verliehenen Grades sei die Wiederherstellung der Entschließungsfreiheit der Hochschule. Es genüge deshalb für die Anerkennung der Ursächlichkeit einer Täuschung, dass die Hochschule den Bewerber ohne die Täuschung jedenfalls nicht alsbald zur Promotion zugelassen, sondern weitere Prüfungen und Erwägungen angestellt und erst auf dieser vollständigen Grundlage ihre Entscheidung getroffen hätte.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Verfahren auf Zulassung der Revision ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

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