Verkehrssicherungspflichten im Wald

Mit Urteil vom 14.01.2022 – 1 U 1334/21 hat der Haftungssenat des Oberlandesgerichts Dresden zur Verantwortlichkeit des Waldeigentümers bei Unfällen auf einem Waldweg Stellung genommen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war eine E-Bike-Fahrerin auf einer asphaltierten Forststraße durch eine quer zum Weg verlaufende, gepflasterte Wasserablaufrinne gestürzt. Bei dem Weg handelte es sich um eine vom Freistaat Sachsen eingerichtete Nationalpark-Radroute.

Das Landgericht Dresden hatte die Klage auf Schmerzensgeld und weitere Schadenspositionen abgewiesen, weil eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Freistaates nicht vorgelegen habe. Das Oberlandesgericht Dresden hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

Dabei hat das Gericht offen gelassen, ob dem Freistaat Sachsen als Träger der Straßenbaulast eine als Amtspflicht zu qualifizierende Pflicht zur Sicherung oder „nur“ eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht als Waldeigentümer obliege. Jedenfalls scheide eine Haftung des Freistaates Sachsen aus. Die Haftung des Landes entfalle aber nicht schon aufgrund der Verwirklichung einer „waldtypischen“ Gefahr.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hafte der Waldbesitzer lediglich für solche Gefahren, die im Wald atypisch sind. Nur insoweit treffe ihn eine Verkehrssicherungspflicht. Atypische Gefahren sind solche, die sich nicht aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben, insbesondere vom Waldbesitzer geschaffene oder geduldete Gefahren, die ein Waldbesucher nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auf die er sich nicht einzurichten vermag, weil er nicht mit ihnen rechnen muss. Eine Entwässerungsrinne auf einem Forstweg - wie hier - sei aber eine von Menschenhand geschaffene Gefahr, der sich der Waldbesucher nicht typischerweise aussetzt, wenn er den Wald auf eigene Gefahr betritt. Ein Haftungsausschluss wegen Verwirklichung einer waldtypischen Gefahr komme daher vorliegend nicht in Betracht.

Es fehle jedoch an einer Verkehrssicherungspflichtverletzung, da es sich bei der Entwässerungsrinne nicht um eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle handele. Die Unfallstelle befinde sich auf einer asphaltierten Forststraße mit 12% Gefälle. Auf einer solchen Strecke müsse ein Radfahrer nicht nur mit Ästen oder Wurzeln rechnen, sondern auch mit einer solchen Rinne zur seitlichen Abführung von Niederschlagswasser. Dies gelte erst recht deshalb, weil die Geschädigte bereits zuvor auf dem Weg eine entsprechende Rinne überfahren hatte. Außerdem befand sich die Rinne hinter einer Kurve, weshalb die Klägerin hätte vorsichtiger und langsamer fahren müssen. Dann hätte sie den Unfall vermeiden können. Ihr Begleiter habe schließlich die Rinne mit dem Fahrrad zuvor unfallfrei überquert.

Dementsprechend habe auch keine Pflicht bestanden, vor der Entwässerungsrinne zu warnen.

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