Bauaufsicht: Zustandsstörer nach Eigentumsaufgabe

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat mit Beschluss vom 03.05.2022 – 1 ME 31/22 entschieden, dass die Bauaufsichtsbehörde auch dann gegenüber dem (ehemaligen) Eigentümer eines Grundstücks Anordnungen treffen kann, wenn dieser sein Eigentum aufgegeben hat und die Eigentumsaufgabe im Grundbuch eingetragen ist.

Im entschiedenen Fall ging es um ein Fachwerkhaus, das 1994 veräußert wurde. Der neue Eigentümer beantragte beim zuständigen Landkreis die Aufhebung des Denkmalschutzes, um das Gebäude abzureißen. Dies wurde abgelehnt. Nach dem Tod des Eigentümers erbten die jetzigen Antragsteller das Grundstück. Im Jahr 2012 fielen Teile vom Dach, sodass ein Antragsteller aufgefordert wurde, das Dach zu reparieren. Trotz Nachfragen der Behörde erfolgte keine Reaktion. Vielmehr erklärten die Antragsteller im Jahr 2014 gegenüber dem Grundbuchamt den Verzicht auf das Eigentum. Dieser wurde am 22.05.2014 ins Grundbuch eingetragen. Im Mai 2017 fielen erneut Dachziegel von dem Gebäude, weshalb die Antragsteller vom Landkreis erneut zur Instandsetzung des Daches aufgefordert wurden. Diese verwiesen auf die Eigentumsaufgabe. Im Jahr 2019 verpflichtete daraufhin der Landkreis die Antragsteller, das Dach zu überprüfen und vorhandene Mängel zu beseitigen. Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem das Gebäude zwischenzeitlich teilweise eingestürzt war. Mit Bescheid vom 9.12.2021 gab der Landkreis den Antragstellern auf, das Fachwerkhaus bis zur Oberkante des Kellers zurückzubauen, ordnete den Sofortvollzug an und drohte die Ersatzvornahme an.

Den hiergegen gerichteten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wiesen das Verwaltungsgericht Göttingen und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg zurück.

Zur Begründung führte das Oberverwaltungsgericht aus, dass die Antragsteller immer noch Eigentümer sind, weil die Eigentumsaufgabe sittenwidrig und damit nichtig war. Zum Zeitpunkt der Eigentumsaufgabe hätten sie um den desolaten Zustand des Gebäudes und den sich daraus ergebenden Gefahren gewusst. Die Eintragung der Dereliktion im Grundbuch stehe dem nicht entgegen. Wenn die Eigentumsaufgabe unwirksam ist, ist lediglich das Grundbuch unrichtig.

Selbst bei einer unterstellt wirksamen Eigentumsaufgabe könne die Beseitigungsanordnung gegenüber den früheren Eigentümern ergehen. Dies folge aus dem Verweis aus der Bauordnung auf die entsprechende Regelung im Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsgesetz. Eine entsprechende Regelung enthält auch § 15 Abs. 3 SächPolBG.

Auch bei herrenlosen Grundstücken kommen somit bauaufsichtliche Maßnahmen gegen die früheren Eigentümer in Betracht

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