BVerwG: Kreisumlageerhebung und kommunale Selbstverwaltungsgarantie

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hat am 31.01.2013, Aktenzeichen: 8 C 1.12, entschieden, dass eine Kreisumlage, die der Landkreis von seinen kreisangehörigen Gemeinden erhebt, nicht dazu führen darf, dass den Gemeinden keine finanzielle Mindestausstattung zur Wahrnehmung ihrer Pflichtaufgaben sowie von freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben mehr bleibt.

Die Klägerin, eine kleine kreisangehörige Ortsgemeinde in Rheinland-Pfalz, wurde für das Jahr 2009 vom beklagten Landkreis zu einer Kreisumlage herangezogen, die bei Gemeinden mit überdurchschnittlicher Steuerkraft einen progressiven Anteil enthält. Dagegen hat die Klägerin geklagt, weil die Progression der Umlageerhebung im Zusammenwirken mit anderen Umlagen (Verbandsgemeindeumlage, Finanzausgleichsumlage, Gewerbesteuerumlage) dazu führte, dass ihr Ist-Aufkommen an Steuern und Zuweisungen zu 108,2 % abgeschöpft wurde. Sie musste deshalb allein zur Finanzierung ihrer Umlageverpflichtung Kassenkredite aufnehmen; zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben verblieb ihr kein Spielraum. Klage und Berufung blieben erfolglos.

Auf die Revision der Klägerin hat das BVerwG das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (OVG) aufgehoben und zurückverwiesen. Zur Begründung hat das BVerwG ausgeführt, dass zwar das maßgebliche Landesrecht, zur Höhe der Umlage keine ausdrückliche Begrenzung enthält. Diese folgt aus Art. 28 Abs. 2 GG, der die kommunale Selbstverwaltung institutionell garantiert und den Kommunen im „Kern“ eine finanzielle Mindestausstattung sichert, die unantastbar ist. Der Landesgesetzgeber ist daneben an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden, der ihn verpflichtet, Kreise und Gemeinden sowie die Gemeinden untereinander bei seinen Maßnahmen zur kommunalen Finanzausstattung gleich zu behandeln. Für Differenzierungen bedarf es eines sachlichen Grundes. Weil der Landesgesetzgeber die Kreisumlage in ein System aus mehreren Instrumenten des Finanzausgleichs zwischen Gemeinden, Kreisen und Land gestellt hat, ist eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Umlageverpflichtungen der Gemeinde geboten.

Entziehung der vom Grundgesetz den Gemeinden garantierten Steuerhoheit. Das wäre erst der Fall, wenn die Steuerkraftunterschiede zwischen den umlagepflichtigen Gemeinden eingeebnet werden. Im zu entscheidenden Fall führte die Kreisumlage aber im Zusammenwirken mit anderen Umlagen dazu, dass der Klägerin ihre Finanzkraft praktisch zur Gänze entzogen wurde. Nach Ansicht des BVerwG sei das Recht auf kommunale Selbstverwaltung somit verletzt. Die Grenze des verfassungsrechtlich äußerst Hinnehmbaren sei aber erst dann überschritten, wenn die gemeindliche Verwaltungsebene nicht nur vorübergehend in einem Haushaltsjahr, sondern strukturell unterfinanziert ist. Ob dies im zu entscheidenden Fall vorliegt, muss das OVG nun prüfen.

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