Der Medizinprofessor als heimlicher Konkurrent

Eine in Sachsen-Anhalt gelegene Hochschule hatte im Juli 2010 einen Universitätsprofessor und Direktor der Universitätsklinik vorläufig des Dienstes enthoben, zugleich 50% seiner Dienstbezüge einbehalten und unter Anordnung des Sofortvollzugs ein Hausverbot erteilt. Diesen Vorgang hatte jetzt in zweiter Instanz das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt zu beurteilen (Beschluss vom 28.01.2011, Aktenzeichen: 10 M 7/10).

Nach den – nur summarisch – getroffenen gerichtlichen Feststellungen lag dem folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahre 2003 hatte der Klinikdirektor ein Augenlaserzentrum in Form einer GmbH gegründet. Im Jahr 2005 verlieh die Hochschule dem Augenlaserzentrum das Recht, die Bezeichnung „An-Institut“ zu führen. In diesem Zusammenhang hatte der Klinikdirektor gegenüber dem Fakultätsrat der Medizinischen Fakultät versichert, dass eine Krankenversorgung im Sinne von Krankenkassen-Regelleistungen nicht vorgesehen sei und auch eine Erbringung von Versorgungsleistungen bei stationären und poliklinischen Patienten ausgeschlossen werden könne. Im Juli 2007 bekräftigte er gegenüber dem Klinikumsvorstand, dass derzeit eine kassenärztliche Zulassung nicht beabsichtigt sei. Allerdings hatte er die kassenärztliche Zulassung zwei Wochen zuvor bereits beantragt. Kassenärztliche Leistungen wurden im Augenlaserzentrum auch erbracht. Zudem war die Tätigkeit des Augenlaserzentrums nach den Feststellungen des Gerichts (zumindest auch) darauf ausgerichtet, in möglichst großem Umfang Patienten zu akquirieren und diesen Leistungen der augenärztlichen Krankenversorgung zukommen zu lassen. Eine derartige Zielrichtung ergab sich – so das Gericht – aus einem im August 2009 abgefassten Schreiben, in dem der Medizinprofessor unter anderem „kostenfreie(n) Augenuntersuchungen von Nachwuchsleistungssportlern“ anbot. Übrigens hatte - am gleichen Tag - der Präsident des Landessportbundes Sachsen-Anhalt e.V. ein gleichlautendes Schreiben versandt. Delikaterweise war der Präsident des Landessportbundes – wie zwar nicht der gerichtlichen Entscheidung, aber dem Handelsregister zu entnehmen ist – zeitweilig Geschäftsführer des oben erwähnten Augenlaserzentrums.

Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat – im Gegensatz zur Vorinstanz – die Entscheidungen der Hochschule mit Ausnahme des Hausverbots gehalten. Es sei von konkreten Verstößen des Klinikdirektors gegen die ihm aus seinem Beamtenverhältnis als Universitätsprofessor obliegenden Dienstpflichten auszugehen. Jedenfalls derzeit sei davon auszugehen, dass der Universitätsprofessor sowohl mit der von ihm betriebenen, verbotswidrigen Zulassung als Kassenarzt, vor allem aber mit seiner wahrheitswidrigen Erklärung, er beabsichtige eine solche nicht, eine Verletzung seiner Dienstpflichten und damit ein Dienstvergehen begangen habe. Die fortgesetzte Verletzung zentraler Dienstpflichten durch einen verbeamteten Universitätsprofessor rechtfertige die Annahme, dass von einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Klinikdirektor und der Universität auszugehen sei. Es sei auch davon auszugehen, dass die Öffentlichkeit endgültig kein Vertrauen in die Amtsführung eines Universitätsprofessors hätte, wenn ihr bewusst wäre, dass dieser aus bloßem Gewinnstreben entgegen seinen dienstlichen Pflichten unter Abgabe falscher Erklärungen verbotswidrig Patienten behandele.
In seiner Entscheidung vom 28.01.2011 hatte das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt „lediglich“ über vorläufige Maßnahmen der Hochschule entschieden. Zu den aus damaliger Sicht noch zu erwartenden Disziplinarmaßnahmen wird es allerdings nicht mehr kommen. Der Medizinprofessor selbst hat den Dienstherrn um seine Entlassung gebeten.

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