Einziehung eines ungültigen Personalausweises nach § 29 PAuswG

Mit Beschluss vom 13.05.2015 – 8 A 644/14 wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass die in § 29 Abs. 1 Personalausweisgesetz (PAuswG) vorgesehene Möglichkeit zur Einziehung eines unrichtigen Personalausweises eine Ermessensausübung seitens der Behörde voraussetzt.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte in Bratislava (Slowakei) ein Promotionsstudium aufgenommen. Ihm wurde nach erfolgreicher Prüfung der Grad eines „doktor práv“ (Abkürzung: „JUDr.“) verliehen, woraufhin er bei der beklagten Gemeinde im Melderegister und im Personalausweis den Titel „Dr.“ eintragen ließ. Fünf Jahre später entfernte die Gemeinde die Eintragung im Melderegister von Amts wegen und forderte den Kläger auf, den unrichtigen Personalausweis unverzüglich der Meldebehörde vorzulegen. Die hiergegen erhobene Klage hatte das Verwaltungsrecht Frankfurt/Main abgewiesen, da die Eintragung der Abkürzung „Dr.“ im Personalausweis unrichtig sei.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hob im Berufungsverfahren die Verfügung der beklagten Gemeinde jedoch auf. Zwar sei der Personalausweis nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 PAuswG ungültig, da die Eintragung des akademischen Doktorgrades unrichtig sei. Der slowakische Hochschulgrad „doktor práv“ stelle keinen eintragungsfähigen akademischen Doktorgrad dar und dürfe auch nicht in der abgekürzten Form „Dr.“ in den Personalausweis eingetragen werden. Der Kläger könne die Eintragung weder aus den Regelungen des Hochschulgesetzes noch aus dem Europarecht beanspruchen. Die Verfügung der Gemeinde sei dennoch rechtswidrig, da sie an einem Ermessensfehler in Gestalt des Ermessensnichtgebrauchs leide.

Bei der Ermächtigungsnorm des § 29 Abs. 1 PAuswG zur Einziehung ungültiger Personalausweise handelt es sich nach ihrem Wortlaut um eine Ermessensvorschrift. Ein solches Ermessen hat die Gemeinde jedoch nicht ausgeübt. Die fehlende Ermessensbetätigung ist sei auch nicht deshalb rechtlich unerheblich, weil das Ermessen in Richtung der Einziehung vorgezeichnet (intendiertes Ermessen) oder auf Null reduziert sei. Eine entsprechende Regelung zu einem intendierten Ermessen enthalte § 29 Abs. 1 PAuswG seinem Wortlaut nach nicht. Insbesondere habe der Gesetzgeber die Norm nicht als Sollvorschrift ausgestaltet. Dies folge insbesondere aus einem Vergleich mit der Regelung in § 12 PassG, in der für die Einziehung eines Passes ein integriertes Ermessen bejaht wird. Die Beklagte habe die Ermessenserwägungen auch nicht im gerichtlichen Verfahren nachholen können, da § 114 Satz 2 VwGO lediglich die Ergänzung von Ermessenserwägungen erlaubt. Eine Ergänzung scheide jedoch aus, wenn die Behörde hinsichtlich des Verwaltungsaktes keinerlei Ermessenserwägungen angestellt habe und eine Ergänzung deshalb nicht möglich ist.

Wir empfehlen den durch uns vertretenen Behörden, bei der Einziehung eines Personalausweises eine Ermessensentscheidung zu treffen und die entsprechenden Ermessenserwägungen auch in die Begründung des schriftlichen Verwaltungsakts aufzunehmen.

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