EuGH: Ärztekammern keine öffentlichen Auftraggeber

Die Ärztekammer Westfalen-Lippe schrieb den Druck und den Versand ihres Mitteilungsblattes, die Anzeigenakquise und den Abonnentenverkauf europaweit aus. Ein unterlegener Konkurrent griff die Vergabeentscheidung an. Das schließlich mit dem Streit befasste Oberlandesgericht Düsseldorf legte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens dem Europäischen Gerichtshof sinngemäß die Frage vor, ob es sich bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe überhaupt um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne der EU-Vergabekoordinierungsrichtlinie handele.

Der EuGH hat mit Urteil vom 12.09.2013, Aktenzeichen: Rs. C-526/11, diese Frage verneint. Eine „überwiegende Finanzierung“ durch öffentliche Stellen liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Kennzeichnend für die Situation der Ärztekammern sei die „erhebliche Autonomie“, die ihr das Heilberufsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Bestimmung des Wesens, des Umfangs und der Durchführungsmodalitäten der von ihr zur Erfüllung ihrer Aufgaben ausgeübten Tätigkeiten, somit bei der Festsetzung des dafür erforderlichen Haushalts und infolgedessen bei der Festlegung der Höhe der Beiträge einräume, die sie von ihren Mitgliedern erhebe. Auch das Kriterium der „Aufsicht“ durch öffentliche Stellen ist laut EuGH nicht erfüllt. Die (vom Heilberufsgesetz vorgesehene) nachträgliche Kontrolle der Beitragsordnung durch die Aufsichtsbehörden reichten zur Erfüllung diese Kriteriums schon grundsätzlich nicht aus, weil eine solche Kontrolle es den öffentlichen Stellen nicht erlaube, die Entscheidungen der betreffenden Einrichtung im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen. Dies gelte erst recht, wenn die Behörde sich auf die Prüfung beschränke, ob der Haushalt der betreffenden Einrichtung ausgeglichen ist.

Bislang hat der EuGH in vergleichbaren Fällen den unionsrechtlichen Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ eher weit ausgelegt. Er bejahte etwa die Auftraggebereigenschaft für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Urteil vom 13.12.2007, Aktenzeichen: Rs. C-337/06, und gesetzliche Krankenkassen, Urteil vom 11.06.2009, Aktenzeichen: Rs. C-300/07. Mit dieser Entscheidung hat er aber der rigiden Auffassung der Europäischen Kommission, wonach zur Erfüllung des Kriteriums einer überwiegenden Finanzierung durch die öffentlichen Stellen eine einfache „Nähebeziehung“ zum Staat ausreiche, einen Riegel vorgeschoben. Ganz überwiegend sind berufsständische Kammern nach dieser Rechtsprechung keine „öffentlichen Auftragsgeber“ im Sinne der Vergabekoordinierungsrichtlinie.

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