Haftungsrisiken für Betreiber von Sport- und Spielanlagen

Zwei aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geben Anlass, auf die Haftungsrisiken für Betreiber von Sport- und Spielanlagen hinzuweisen. Solche Anlagen, vor allem sog. „Indoor-Spielplätze“, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, bergen aber häufig nicht unerhebliche Verletzungsrisiken für ihre Benutzer. Kommt es zu einem Unfall, stellt sich die Frage, ob der Anlagenbetreiber für die entstandenen Schäden haftet. In seinen Entscheidungen aus dem Jahr 2008 hat der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen für eine Haftung dargestellt, die nicht nur auf Indoor-Spielplätze, sondern auch für Vergnügungsparks, Schwimmbäder, Skater-Anlagen, Tennis- und Turnhallen sowie für Motorsportanlagen gelten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Diese Verkehrssicherungspflicht umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein „umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch“ für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei kann allerdings nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Nach diesen Grundsätzen braucht der Betreiber einer Sport- und Spielanlage nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen. Die Verkehrssicherungspflicht erfordert jedoch den Schutz vor Gefahren, „die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinaus gehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne Weiteres erkennbar sind“. Der Umfang der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen richtet sich insbesondere danach, welcher Grad an Sicherheit bei der Art des Spiel- oder Sportgeräts und dem Kreis der dafür zugelassenen Benutzer typischerweise erwartet werden kann. Bei einem Spielgerät, das für Kinder freigegeben ist und ohne besondere Aufsicht benutzt werden kann, muss ohne ausdrücklichen Hinweis grundsätzlich nicht damit gerechnet werden, dass es bei bestimmungsgemäßer Benutzung zu lebensgefährlichen Verletzungen kommt. Zu anlagentypischen Verletzungen, mit denen die Benutzer rechnen müssen, gehören vor allem Prellungen, Verstauchungen und bei unglücklichen Stürzen sogar eine Fraktur von Armen oder Beinen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 03.06.2008 (NJW 2008, S. 3775 ff.) einen Betreiber einer Trampolinanlage für verpflichtet angesehen, ausdrücklich auf die besonderen Gefahren von Saltosprüngen hinzuweisen oder diese ganz zu verbieten. In dem zugrunde liegenden Fall war ein Erwachsener nach einem missglückten Saltosprung auf dem Rücken gelandet und hat sich das Genick gebrochen. Er ist seitdem querschnittsgelähmt. Mit derart schweren Verletzungen müsse ein Benutzer einer Anlage, die auch für Kinder und ohne besondere Aufsicht benutzt werden kann, bei bestimmungsgemäßer Nutzung nicht rechnen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 09.09.2008 (NJW 2008, S. 3778 ff.) ist der Anbieter von geführten Quad-Touren verpflichtet, die Teilnehmer mit Schutzhelmen auszustatten. Schwere Verletzungen insbesondere des Kopfes gehören bei einer geführten Tour in einem „Fun-Park“ mit relativ geringer Geschwindigkeit nicht zu den anlagentypischen Gefahren, die von den Fahrern in Kauf genommen werden. Der Betreiber eines Freibades haftet nach diesen Grundsätzen nicht, wenn er an einer geraden und übersichtlichen Wasserrutsche durch eine Tafel mit schriftlichen und bebilderten Warnhinweisen darauf hinweist, welche Rutschhaltungen erlaubt sind und dass das Becken unmittelbar nach dem Rutschen zu verlassen ist, und es gleichwohl zum Unfall kommt, weil ein Kind das Becken nicht sofort nach dem Rutschen verlassen hat und ein anderes Kind in einer nicht erlaubten Position rutscht und das erste Kind dadurch am Kopf trifft und verletzt (OLG Celle, NJW 2006, S. 3284 f.). Dagegen haftet der Badbetreiber, wenn sich unterhalb der Rutsche ein nicht abgedecktes Ansaugrohr befindet, in das ein Kind nach dem Rutschen hineingesogen wird und dadurch ertrinkt (BGH, NJW 2006, S. 3268 ff.). Das OLG Köln (Urteil vom 17.03.2005, AZ: 7 U 126/04) hat das Anbringen von Hinweisschildern auf einer von der Stadt für die allgemeine Benutzung errichtete Skateranlage nicht für ausreichend erachtet. Vielmehr müsse die Stadt auch die Einhaltung der Verbote und Hinweise kontrollieren. In dem zu entscheidenden Fall erlitt ein siebenjähriger Junge schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen, weil er eine sog. Funbox statt mit einem Skateboard mit seinem Fahrrad befuhr und dabei stürzte.

Steht die Verletzung der vertraglichen Schutzpflichten oder der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten fest, hängt die Haftung des Anlagenbetreibers noch von der Frage ab, ob er zumindest fahrlässig gehandelt hat. Besteht zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Benutzer ein Vertragsverhältnis, muss der Betreiber beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Besteht kein Vertragsverhältnis, trifft diese Beweislast den Benutzer. Daher haften die Betreiber eines öffentlichen Spielplatzes seltener als der Betreiber einer entgeltlich pflichtigen Anlage. Von diesem Haftungsrisiko können sich die Anlagenbetreiber nicht durch den Hinweis der Benutzung „auf eigene Gefahr“ befreien, da ein solcher als allgemeine Geschäftsbedingung formulierter Haftungsausschluss unwirksam ist.

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