OLG Dresden: Assistenz- und Begleithunde sind keine Nutztiere!

Das Oberlandesgericht Dresden hat im Urteil vom 14.03.2018 – 12 U 1562/17 erstmals zur Frage Stellung genommen, ob Assistenz- und Begleithunde Nutztiere sind und den Haltern damit der Entlastungsbeweis nach § 833 Satz 2 BGB offen steht.

In dem vom Oberlandesgericht entschiedenen Fall wurde eine ältere Frau von einem ausgebildeten Assistenz- und Begleithund angefallen, den die Tierhalterin zur Unterstützung ihrer körperlich und geistig behinderten Tochter ausbilden ließ und hielt. Die Mutter des Kindes war der Auffassung, dass der Hund dem Unterhalt diene und sie deshalb für den entstandenen Schaden nur hafte, wenn sie ihre Pflichten bei der Beaufsichtigung des Tieres verletzt hat. Das Landgericht Leipzig folgte dieser Argumentation unter Berufung auf eine entsprechende in der Literatur vertretene Auffassung zu Blindenhunden und wies die auf Schadensersatz gerichtete Klage ab. Das Oberlandesgericht Dresden teilte diese Auffassung nicht.

Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 833 Satz 2 BGB dem Tierhalter die Entlastungsmöglichkeit nur dann einräume, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden ist, das einem wirtschaftlichen Zweck des Tierhalters zu dienen bestimmt ist. Tiere, die aus Liebhaberei oder zu sonstigen ideellen Zwecken gehalten werden, ohne dass der Halter aus ihrer Nutzung seinen Erwerb bezieht, würden von der Vorschrift nicht erfasst. Ein Assistenz- und Begleithund diene in dieser Funktion keinen wirtschaftlichen Zwecken. Das Halten eines Assistenzhundes, um dem eigenen Kind eine möglichst weitreichende Teilhabe am Leben Nichtbehinderter zu ermöglichen, sei vielmehr als ideeller und nicht im Sinne von § 833 Satz 2 BGB privilegierter Zweck zu qualifizieren. Soweit das Landgericht angenommen hatte, die Mutter halte den Hund in Erfüllung der ihr gegenüber ihrer Tochter obliegenden Unterhaltspflicht, verkenne diese Argumentation, dass § 833 Satz 2 BGB auf den wirtschaftlichen Unterhalt des Halters, nicht aber darauf abstelle, ob der Halter seinerseits in Erfüllung seiner Unterhaltspflichten gegenüber seinem Kind ein Tier zur Verfügung stellt.

Bei Schäden, die von Assistenz- und Begleithunden verursacht werden, richtet sich die Haftungsfrage somit in den meisten Fällen nach § 833 Satz 1 BGB, sodass es für eine Haftung des Tierhalters auf ein Verschulden nicht ankommt. Das gleiche Ergebnis dürfte entgegen der teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung auch für Blindenhunde gelten. Eine Ausnahme dürfte nur dann gelten, wenn der jeweilige Hund zu dem Zweck gehalten wird, um dem Halter eine Teilnahme am Erwerbs- und Berufsleben zu ermöglichen.

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