Sturz über ungesicherte Leitungen einer Kirmes

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 24.03.2015 - 9 U 114/14 über folgenden Fall entschieden: Die Klägerin stürzte während der alljährlich stattfindenden Pflaumenkirmes auf dem Bürgersteig vor ihrem Wohnhaus. Sie war der Auffassung, über ein Versorgungskabel des Fahrgeschäftes des Beklagten gestürzt zu sein. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, da an der Unfallstelle mehrere Kabel und Leitungen für Strom und Wasser zur Versorgung mehrerer Fahrgeschäfte verlegt waren und nicht geklärt werden konnte, dass die Klägerin über das Kabel gerade des Beklagten gestürzt war.

Das Oberlandesgericht Hamm hat das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens in Höhe von 50 % stattgegeben. Der Beklagte habe die ihm obliegende Verkehrssicherungspflichte verletzt, weil er die zur Versorgung seines Fahrgeschäftes erforderlichen Leitungen und Kabel vor dem Haus der Klägerin nicht so verlegt habe, dass eine Gefährdung der Kirmesbesucher und der Anlieger möglichst gering gehalten wurde. Zwar müssten sich die Besucher einer Kirmes in der Regel auf solche ebenso unvermeidbaren wie bekannten Behinderungen durch Versorgungsleitungen einstellen. Allerdings muss derjenige, der solche Leitungen verlegt, dafür sorgen, dass das immanente Stolper- und Sturzrisiko durch eine sorgfältige Verlegung bzw. Abdeckung der Leitungen möglichst minimiert wird. Lose verlegte Leitungen ohne erkennbare Streckenführung und ohne Sicherung gegen unbeabsichtigte Lageveränderungen genügten der Verkehrssicherungspflicht nicht. Nach der Beweisaufnahme stand fest, dass mehrere Versorgungsleitungen auf dem Gehweg vor dem Haus der Klägerin ungesichert verlegt waren.

Jedenfalls ein Teil dieser Leitungen konnten dem Beklagten zugeordnet werden. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts war unerheblich, ob eine oder mehrere dieser Leitungen auch der Versorgung eines anderen Schaustellers mit Energie oder Frischwasser dienten. Denn zugunsten der Klägerin greife die Vermutungsregelung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sämtliche in Betracht kommenden Schausteller hatten die von ihnen verlegten Leitungen nicht ausreichend gesichert. Es stand außerdem fest, dass zumindest eine der Leitungen schadensursächlich war. Der Beklagte habe nicht beweisen können, dass die Klägerin über die Versorgungsleitung eines anderen Schaustellers gestolpert ist. Demnach war die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Klägerin musste sich jedoch ein Mitverschulden anrechnen lassen, da ihr bekannt war, dass die Leitungen nicht ortsfest fixiert oder abgedeckt verlegt waren. Sie hätte sich daher vergewissern müssen, ob sie gefahrlos den Gehsteig vor ihrem Haus betreten könne.

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