Verwaltungsgericht Magdeburg: Wirksame Gebührensatzung als Voraussetzung für rechtmäßige Erhebung von Abfallgebühren

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat mit Urteil vom 16.12.2021 (Az.: 7 A 509/20 MD) entschieden, dass eine im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegende wirksame Abfallgebührensatzung einen vor Inkrafttreten einer wirksamen Satzung erlassenen und damit zunächst rechtswidrigen Abfallgebührenbescheid heilt.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg begründet seine Rechtsauffassung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht. Danach könne eine wirksame Erschließungsbeitragssatzung einen zunächst wegen unwirksamer Satzung rechtswidrigen Beitragsbescheid auch dann mit einer ex-nunc-Wirkung heilen, wenn die Erschließungsbeitragssatzung ohne eine Rückwirkungsanordnung erlassen worden sei. Im Erschließungsbeitragsrecht könne ein noch nicht bestandskräftiger Beitragsbescheid, der bei seinem Erlass wegen einer nichtigen Erschließungsbeitragssatzung rechtswidrig sei, auch durch eine wirksame neue Erschließungsbeitragssatzung, der keine Rückwirkung zukomme, rechtmäßig werden, womit durch eine solche Rechtsänderung im gerichtlichen Verfahren ein zunächst vorhandener Aufhebungsanspruch entfalle. Eine Beitragspflicht entstehe nämlich erst in dem Zeitpunkt, in dem alle gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Entstehung erfüllt seien.

Diese vom Bundesverwaltungsgericht zum Erschließungsbeitragsrecht aufgestellten Grundsätze wendet das Verwaltungsgericht Magdeburg auch auf das Abfallgebührenrecht an. Abfallgebühren seien wie Erschließungsbeiträge kommunale Abgaben i. S. d. § 1 Abs. 1 KAG-LSA und dürften nach § 2 Abs. 1 KAG-LSA nur aufgrund einer kommunalen Satzung erhoben werden, weshalb die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Abfallgebühren ebenfalls von der Wirksamkeit der Gebührensatzung abhänge. Aus diesem Grunde sei maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Spätestens in diesem Zeitpunkt müsse eine wirksame Gebührensatzung vorliegen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg ist allerdings nicht in dem Sinne zu verstehen, dass wie im (Erschließungs- bzw. Beitragsrecht die Rechtmäßigkeit des zunächst rechtswidrigen Gebührenbescheids mit dem Inkrafttreten einer nunmehr wirksamen Gebührensatzung auch ohne Anordnung der Rückwirkung eintritt. Vielmehr muss eine rechtmäßige und damit wirksame Gebührensatzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Beginns des Veranlagungszeitraums in Kraft gesetzt werden, für den Gebühren festgesetzt werden.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat sich in seiner Entscheidung auch mit den sich aus § 2 Abs. 2 KAG-LSA ergebenden Grenzen der rückwirkenden Inkraftsetzung einer Abgabensatzung befasst. In dem von ihm zu entscheidenden Verfahren lagen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 KAG-LSA vor.

Mit der neuen Abfallgebührensatzung sollte eine rechtwidrige Abfallgebührensatzung ersetzt werden (§ 2 Abs. 2 Satz 2 KAG-LSA). In diesem Zusammenhang weist das Verwaltungsgericht Magdeburg darauf hin, dass, um den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 KAG-LSA gerecht zu werden, erforderlich und auch ausreichend sei, dass die satzungsrechtliche Bestimmung unmissverständlich deutlich mache, dass die ersetzende Satzung anstelle des bis zu ihrer Verkündung geltenden Satzungsrechts Geltung auch für die Vergangenheit beanspruche.

Beide Satzungen regelten eine gleiche Abgabe (§ 2 Abs. 2 Satz 2 KAG-LSA).

Das Verwaltungsgericht Magdeburg befasst sich auch mit § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG-LSA. Danach darf durch die rückwirkend erlassene Satzung die Gesamtheit der Abgabepflichtigen nicht ungünstiger gestellt werden als nach der ersetzten Satzung.

Das Verwaltungsgericht führt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des OVG Sachsen-Anhalt (vgl. Urteile v. 08.10.2015 – 4 L 57/14, v. 11.09.2012 – 4 L 155/09 und Beschl. v. 17.12.2007 – 4 L 275/07) aus, dass § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG-LSA auf die rückwirkende Ersetzung unwirksamer Satzungen keine Anwendung finde. Bei dieser Vorschrift stehe nicht der Schutz der Abgabepflichtigen im Vordergrund, sondern die abgabenerhebende Körperschaft solle lediglich daran gehindert werden, sich durch nachträgliche Satzungsänderungen über eine rückwirkende Anordnung Mehreinnahmen zu verschaffen, als ihr nach der bisherigen Satzung zustehen würden. Zu solchen verbotenen Mehreinnahmen gegenüber einem früheren Zustand könne es aber nicht kommen, wenn die frühere Satzung nichtig war und deshalb keine Grundlage bilden konnte, um Abgaben zu erheben (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 16.06.2021 – 4 M 28/21).

Fragen zum Thema?

Kontaktieren Sie uns gern über unser Kontaktformular und stellen Sie uns Ihre Fragen.

Kontaktformular